Qualifizierung Hafenkante: DAS BUCH DER WÜNSCHE

Samstag 27. Juli und Sonntag 28. Juli 16 -19 Uhr im Park Fiction
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Nach der breiten öffentlichen Vorstellung der Wünsche im April verhandeln derzeit das Park Fiction Komitee mit Behörden, Bezirken, Einrichtungen aus dem Stadtteil über die weitere Planung.  Projektbüro und uvm entwerfen den weiteren Prozess im Auftrag der BUKEA und beginnen im August mit Testnutzungen auf dem Betonstreifen an der Elbe.  Grundlage ist unsere Untersuchung zum Uferstreifen, die wir zu einem Buch zusammengefasst haben. Und das stellen wir Samstag und Sonntag mit einigen Exemplaren im Park vor – bzw. wir legen das auf Tisch und ihr könnt reinschaune und mit uns diskutieren!
RESÜMEE

Als Ergebnisse der Untersuchung lassen sich für die weitere Planung folgende Anforderungen an das Gelände zusammenfassen:

 
WEITE ERHALTEN

 
Die Weite des Betonplateaus ist – mitten in der Stadt – eine Besonderheit im eng bebauten St. Pauli und sollte unbedingt erhalten bleiben. Landschaftliche Gestaltung kommt in den Beiträgen nur als schön gezeichnete Ausnahme vor.

 
Die Teilnehmer*innen wünschen sich Blick in die Weite, freien Platz für körperliche Bewegung, Flächigkeit, unterschiedliche Bodenbeläge. Streetball, Basketball, Streetsoccer – Bespielbarkeit, von Tartan bis glattem Beton. Bahnen und Strecken für Skateboards, Rollstühle – Berollbarkeit.

 
LAND-WASSERBEZIEHUNG

 
Inseln, Klippen, Buchten, Pontons: Der Gezeitenbereich direkt am Wasser sollte anders als die flache Weite des derzeitigen Betonplateaus gestaltet und definiert werden, mit Unterschiedlichkeit, Schrägen, Treppen, Sitztreppen, Pflanzungen, Wegen, Pfaden, Überraschungen, Plattformen und Stegen aufs Wasser, Bäumen, Artenvielfalt und Aufenthaltsqualitäten.

 
Die derzeitige Gestaltung, eine verbuschte, asphaltbefestigte Steinschüttung, wird der zentralen Lage nicht gerecht und in fast allen Beiträgen verändert. Das Ziel bleibt: Die Füße in die Elbe strecken.

 
GESTALTUNGS-STRUKTUR

 
In verblüffender Deutlichkeit zeichnen die Beiträge bereits die Konturen einer zukünftigen Gestaltungs-Struktur in 3 Streifen:

 
1. Ein flaches glattes Plateau mit Spiel und Bewegungscharakter und Weite.

 
2. Ein ausdifferenziert das Wasser zugänglich machendes Ufer mit Aufenthaltsqualitäten und Artenvielfalt.

 
3. Eine Flutschutzmauer als Schallschutz mit Aneignungs- und Aufenthaltsmöglichkeiten. Diese Grundstruktur verträgt sich mit Elbwanderweg, Fischmarkt, Hafen und Flutschutz.

 
BÄUME SCHATTEN SCHWIMMENDE WIESE

 
Wasserspiele zur Kühlung des Mikroklimas, zum Spielen und als regeneratives Ökotop. Bäume vorsichtig gesetzt wegen Weite (die am Ufer haben sich von selbst angesiedelt, bitte erhalten). Artenvielfalt wünschen sich die Teilnehmer*innen geballt am Ufer, vielleicht vom Publikumsverkehr getrennt „als schwimmender Bienenwiesen Ponton“.

 
ALLE HASSEN KOPFSTEINPFLASTER
(INKLUSION)

 
Durch seine relative hohe Künstlichkeit und Versiegelung eignet sich der Ort, um hier generell alles mit Rollstühlen zugänglich zu gestalten – davon profitieren auch Rollatoren, Kinderwagen, Roller, und das Wasser kann nach Überschwemmungen leicht abfließen.

 
SELBSTGEMACHTES VERGNÜGEN

 
Durch die Bank schlagen die Teilnehmer*innen Nutzungen vor, bei denen sie selbst die aktive Rolle spielen.

 
Sie wollen keine Events, keine Aufführungen, keine Schwenkgrills, keine Riesenräder vorgesetzt bekommen – weite Teile des Elbufers sind touristisch derart überformatiert, dass die ursprünglichen Reize davon zerstört werden. Der Uferstreifen könnte diese Logik unterbrechen – und genau dadurch interessant sein.

 
Die Ergebnisse zeichnen das Bild eines aktiven lebendigen Ortes der Stadtgesellschaft. Der Uferstreifen kann ein Raum werden, in dem die Menschen selbst das Vergnügen machen: Klein ist besser als groß, „Eintritt frei“ statt VIP, lebendige Beziehung statt Repräsentation.

 
FOLLY

 
Die Wunschproduktion hat starke Entwürfe mit Potential hervorgebracht. Einige davon sollten mit Sorgfalt und viel Unterstützung umgesetzt werden – auch um deutlich zu machen, dass Demokratie Vielfalt, Qualität und Einzigartigkeit hervorbringt.

 
ÇAY BAHÇESI

 
Während das Soziale aus zufälligen Alltagsbeziehungen der Städte verschwindet, nimmt die Nutzung öffentlicher Räume stetig zu. Klassische Treffpunkte wie Kneipen oder Clubs haben Schwierigkeiten, die Mietpreis-Entwicklung lässt die Toleranzräume schrumpfen. Der öffentliche Raum wirkt als Puffer und muss Vieles auffangen, von Obdachlosigkeit bis Privatparty. All das kann ein Uferstreifen nicht ändern. Aber wie könnte ein „gastlicher“ Charakter öffentlicher Räume aussehen? Jenseits der Ausschlüsse und Kontrolle durch Privatisierung, wie auch der anonymen Abwaschbarkeit staatlicher Verwaltung und polizeilicher Bestreifung?

 
Im Architekturdiskurs wird seit Jahren über „Commons“ diskutiert, also über den städtischen Raum als Gemeingut. Doch gibt es in Hamburg wenig Erfahrung damit, öffentlicheRäume als „Commons“ aktiv zu prägen. Hierzu braucht es dringend neue Ansätze.

 
Die Wunschproduktion gibt Hinweise, die sich miteinander kombinieren ließen: Mehrfach taucht der Begriff des türkischen Teegartens (Çay Bahçesi) auf, ein niedrigschwelliger aber gastlicher Ort. Ein (gemeinnütziger) Kiosk zur Ausgabe von Stühlen, Bällen etc. würde als Ansprechpartner den Park auf positive Weise im Auge behalten. Eine Bespielung des Areals durch Kunst könnte den Raum immer wieder kulturell prägen und erneuern. Zusammen mit Sportgruppen und Vereinen von St. Pauli Bats bis FCSP, von Skateboard e.V. bis Sit’n’Skate könnte die sportliche Selbstverwaltung dauerhaft im Stadtteil und darüber hinaus verankert werden.

 
Zu diesem Themenkomplex bildet das Park Fiction Komitee eine Arbeitsgruppe mit unterschiedlichen Akteur*innen des Stadtteils. Hier gilt es, ein neues Modell zu entwickeln, das Vorbildcharakter für andere öffentliche Räume in Städten bieten könnte.