Ab sofort gibt’s im Park ein Infobrett zur Gezi Taksim Basisbewegung in Istanbul. Eingeweiht haben wir das im Anschluss an das Spiel Besiktas – St. Pauli, zu Musik von Booty Carrell und Erkan, zu Tee von Justus und Daniel, mit Buttons von Woldo und nbo, und T-Shirts von sisterhood und zusammen mit hunderten Fans beider Clubs, die Carsi, istanbul United, Che Guevara Schals trugen und Pinguintransparente dabei hatten.
Booty mit Mono-PA kurz vor Start
Nach dem sehr emotionalen Spiel – die Atmosphäre war wie bei einem stürmischen politischen Festival, die verschiedenen Fanblocks umwarben sich gegenseitig voller Begeisterung – und nach einer beleidigt wirkenden 3-Minuten Disziplinierungszwangspause wegen des freudigen Abbrennens von ca 18 Bengalischen Feuern (und den doch ganz schön doofen Böllern) im Block der Carsi in der 60. Minute, zog eine Spontandemo vom Stadion in den neuen Gezi Park Fiction.
Videoclip von Spiel und hinterher von signed media.
Freudiger Empfang der Spontandemo:
ParkFictionistas der ersten Stunde Erdogan (in der einzigen bekannten noch existierenden Original 1997er Park Fiction Jacke), Margit und Christoph enthüllten die Tafel und Herr Serefe interpretierte vor den politisierten Fussballfreund_innen die im Januar 2013 entstandene Pastellzeichnung „532 A.D.“:
Auf Serfe’s Zeichnung ist der Beginn der Nika Unruhen in Konstantinopel dargestellt. Im römischen Reich gab es damals zwei konkurrierende Fangruppen der Wagenrennen, die Grünen und die Blauen, in der Zeichnung dargestellt als Haarwesen. Am 13. Januar 532 geschah im Hippodrom etwas einzigartiges: Beide Fangruppen vereinigten sich, um Freiheit für zwei ihrer Fans zu verlangen, die sich vor den Häschern des Staates in eine Kirche geflüchtet hatten (erinnert an das, was gerade in unserer St. Pauli Kirche passiert). Als der autokratisch regierende Kaiser Justinian auf die Forderung der Fans nicht reagierte, begannen die mit dem Aufstand und legten die oströmische Hauptstadt lahm. Ihr Kennwort hieß „Nika“ (νίκα, „Siege!“), und sie brachten das römische Imperium an den Rand des vorzeitigen Zusammenbruchs.
Interessant an dem antiken Vorgang ist die Tatsache, dass das Publikum im Verlaufe des Aufstands seine passive Rolle abstreift, sich verbündet und ganz nah an den Sturz des Regimes herankommt.
Die Zeichnung entstand letzten januar, doch die aktuellen Ereignisse in istanbul weisen verblüffende Paralllelen auf – die Carsi, radikale Fangruppe von Besiktas, hatte sich im Verlauf der von brutalen Polizeieinsätzen begleiteten friedlichen Aufstands gegen den Autokraten Erdogan auf die Seite der Gezi-Taksim-Bewegung geschlagen, und sich mit den Fans von Fehnerbace und Galata zu „Istanbul United“ verbündet.
DJ Erkan, Top Shirt, Stütz und Nika Riots Pastellzeichnung
Die Art, wie Ultras oder Carsi seit einigen Jahren die veraltete Rolle als passives Publikum und Grüßaugust zurückweisen und politische und emanzipatorische Inhalte in die Stadien tragen, diese zu Arenen des Öffentlichen machen, kennzeichnet einen ähnlichen Vorzeichenwechsel vom Konsumenten zum Produzenten, wie er sich in den Auseinandersetzungen um den Gezi Park Ausdruck verschafft: Die Aneignung und kollektive Neudefinition von Städten und Spielen.
Gezi Park Fiction Button Produktion
In den derzeitigen Auseinandersetzungen um das Recht auf Stadt, (Metatheoretiker Henri Lefebvre sieht die Menschheit auf dem Weg zur urbanen Revolution), wird es essentiell sein, Wege zu finden, die städtischen Unterschiedlichkeiten zu verknüpfen, sich gegenseitig schlauer zu machen, und eine kommunikative Kultur zu entwickeln, die die für die Produktion von Mehrwert immer wichtigeren Städtischen zentren zu Orten des Austauschs, zu Orten der Innovation und zu Orten eines neu entdeckten Gemeinsamen entwickelt. Und es wird Zaubertricks brauchen – wie die Liebesaffäre zwischen den Fanbgfruppen zweier Fussballclubs, Sufi Tänzer mit Gasmaske, oder Pianisten mit elektronisch verstärktem Flügel brauchen, um damit nicht an den Grenzen der eigenen Städte halt zu machen: InterCity Gezification.
Gezification in Hamburg – jeden tag mehr Besucher als die IGS
Wir sind alle Pinguine
Fotos: Nihal (1), Margit (alle anderen)
Tanzende Pinguine!