Am 14. Januar hat die Hamburger Morgenpost eine reißerische Titel-Geschichte publiziert, die ein grobes und verzerrtes Bild des Park Fiction aus einer „Not-in-my-Backyard“-Perspektive zeichnet.
Der Artikel ist Teil einer Kampagne einer sogenannten „Anwohner*inneninitiative“ namens „Lärm im Park“, die sich bereits im Herbst ähnlich schrill an die Bezirksversammlung Altona gewandt hat, und hochproblematische Beschlüsse erwirkt hat.
Unter dem Titel „Brennpunkt Park Fiction – Sozial- und Ordnungspolitische Maßnahmen gegen Partylärm und offene Drogenszene“ werden die Besucher*innen des Parks diskriminiert und kriminalisiert, und diese Beschreibung zum Anlass genommen um disziplinierende Massnahmen, Verbotsschilder und mehr Polizei und Kontrollen durchzusetzen – in einem Gebiet, das polizeilich bereits so dicht bestreift wird wie keine andere Strasse Hamburgs.
Wir haben uns deshalb mit einer ausführlichen Analyse der Situation im Park an die Bezirksversammlung gewandt (siehe unten), die wir hiermit auch Ihnen zur Verfügung stellen.
Die Argumentationen von „Lärm im Park“ wie auch der Beschluß der Bezirksversammlung öffnen den Raum für „Not in my Backyard“-Logiken. Schlimmer: Sie etablieren rechte Narrative, die als Deutungsmuster für Park Fiction fatal sind, und auch für andere Konflikte im Stadtteil (Cornern, Subkulturen, Clubs) jederzeit wieder mobilisiert werden können – eine Angriff auf Vieles, was St. Pauli aus- und tolerant macht.
Material:
– Der Beschluss der Bezirksversammlung (Online hier)
– Die kleine Anfrage der CDU an den Senat (Online hier)
– Die Titelstory der gestrigen MOPO zum selben Thema als Titel hier und Artikel hier
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„Brennpunkt Park Fiction – Sozial- und Ordnungspolitische Maßnahmen gegen Partylärm und offene Drogenszene Dringlicher Antrag der Fraktionen von CDU und GRÜNE (NEUFASSUNG)“
Hamburg, den 15. Januar 2022
Sehr geehrte Mitglieder*innen der Bezirksversammlung Altona,
Im Nachgang zu unserem Schreiben vom 3. Januar hier unsere Analyse der Situation im Park.
Angesichts der durch die Initiative „Lärm im Park“ in die Presse getragenen Auseinandersetzung, haben wir uns entschieden, diesen zugleich als Debattenbeitrag zu veröffentlichen.
Der Park Fiction ist eine öffentliche und informelle Bühne. Die Besucher*innen bringen sich ihren Spaß hierher selbst mit – Gesellschaft, Getränke, Musik, Sportgeräte, Bücher, Räder, Jonglage, Pizza. Es gibt unterschiedliche Bereiche und Inseln, dadurch können sich sehr verschiedene Menschen und Gruppen hier aufhalten, trotz der geringen Größe des Parks. Auch Menschen mit wenig Geld genießen den Blick. Gerade junge Leute lernen sich hier kennen. Die Besucher*innen eignen sich den Ort an, teils phantasievoll, teils sportlich, teils lebensfroh, teils lesend, teils drastisch. Wie in einem Café gibt es Stammgäste, deren gesellschaftliches Leben vor allem im Park stattfindet. Das war vor allem im ersten Lockdown unübersehbar, als der Park zur unverzichtbaren Begegnungsfläche wurde. Trotz der Fülle, und trotz der Nähe zum rauhen Pflaster der Reeperbahn, regeln sich hier noch immer erstaunlich viele Probleme selbst.
Diese informelle Kultur des Selbermachens ist der eigentliche Kern von Park Fiction, als politisches Projekt, als Planungsprozess und als Alltagskultur.
Das Funktionieren dieser informellen Kultur ist immer fragil – und seit einiger Zeit gefährdet. Der Beschluss der Bezirksversammlung Altona schafft hier keine Abhilfe. Nicht weil zusätzliche nächtliche Kloreinigung gefordert wird. Sondern, weil mit den ordnungspolitischen Forderungen nach Verbotsschildern, Sozialarbeit für die nicht vorhandenen Drogenabhängigen und nach einer Erhöhung der Polizeikontrollen genau die selbstorganisierte Kultur attackiert wird.
In ihrem bahnbrechenden Buch „Governing the Commons“ / „Die Verwaltung der Allmende“ arbeitete die Nobelpreisträgerin Elinor Ostrom heraus, wie staatliche Intervention und Privatisierung selbstverwaltete Gemeingüter schwächen und zerstören. Die Information der Bezirksversammlung durch benachbarte Eigentümer*innen ist zwangsläufig vorurteilsbehaftet, mehr Lobby als Ini. Das gezeichnete Bild ist verzerrt und einseitig. Die ordnungspolitischen Maßnahmen sind ein recht grobes Besteck, und keine packt das Lärmproblem ab Mitternacht an, das bei einigen ganz direkten Anwohner*innen für echten Leidensdruck sorgt.
Wir versuchen deshalb hier keine direkte Entgegnung, sondern eine Beschreibung, die versucht, der Komplexität des Ortes gerecht zu werden. Dabei ist es unverzichtbar, den Betrachtungsrahmen weiter zu ziehen als nur den Park. Wir betrachten zunächst die einzelnen Orte im Park gesondert, und skizzieren die komplett unterschiedliche Situation je nach Jahreszeit, Wochentag, Wetterlage und Uhrzeit. Punktuell nehmen wir Bezug auf Ihren Beschluss. Zusätzlich versuchen wir, gesamtgesellschaftliche Entwicklungen und Parkspezifisches zu differenzieren.
Die Peripherie rutscht ins Zentrum
So, wie Musikstile nach einer Zeit im Untergrund manchmal zum Mainstream werden, ist auch der Park Fiction 16 Jahre nach seiner Eröffnung 2005 kein Geheimtipp mehr. Es gibt keine Hamburger Tourismus-PR ohne die ikonischen Palmen. Der Park liegt zwischen Reeperbahn und Fischmarkt, also im Einzugsbereich von zwei Tourismus-Hotspots, extrem zentral – funktioniert aber ganz anders: Informell, selbstgemacht, wie oben beschrieben.
Park mit vielen Zimmern: Die Orte im Park
Der Kirchgarten der St. Pauli Kirche war bis zur Überplanung durch Park Fiction ein unwirtlicher Ort, wo Heroin vertickt und Hunde laufen gelassen wurden. Jetzt gibt es Mieter*innenbeete, Bohemiens auf dem Boulefeld, krabbelnde Kinder, eine nachbarschaftliche Idylle. Auch das ist Park Fiction.
Der Kreisverkehr ist heute ein von Nachbar*innen bepflanztes Ökotop namens Yaya Jabbi Circle. Er ist ein wichtiger Identifikationsort für migrantische, vor allem Schwarze Selbstorganisation. Viele Demonstrationen starten hier. Super!
Der Schauermannspark war ein Sandparadies für Kleinkinder in Kombi mit dem Café Amphore. Durch Mieterhöhung 2018 verdrängt durch ein Restaurant ohne Tagesbetrieb, hat der Schauermannspark seinen sozialen Treffpunktcharakter verloren. Mehrmals am Tag werden Schwarze Menschen von der Hafentreppe polizeilich durch den Park getrieben. Zwischen 18 und 23 Uhr sitzen Auswärtige an den durchreservierten Tischen und dominieren diesen Abschnitt.
Umgekehrt die Riverkasematten: Kretschmer und die Moayeris sind ersetzt durch das sozial engagierte Überquell, dessen Köch*innen auf dem Dach ihres Lagergebäudes einen Küchengarten zusammen mit der Ganztagsschule St. Pauli hegen und ernten. Wir finden das toll!
Der Pudel oben war durch Eigentümer*innenstreit über ein Jahrzehnt lahmgelegt. Als kulturelle Impulsgeber*in konzipiert stand auch das Amphitheater brach. Jetzt läuft es oben, coronabedingt, erst wieder gaaanz langsam an. Wir sind sicher: Der Tag wird kommen, an dem hier wieder Musiker*innen Kunstzeitungen lesen, radikale Konzepte diskutiert werden, Nachbar*innen aus der beengten Wohnung fliehen und der Mann mit dem Bart Platten auflegt. Wir werden uns im Amphitheater drängeln und aufgeregt dem Auftritt von Leyla Yenirce entgegen fiebern.
Die Treppe runter zur Turnhalle wird nie sauber gemacht, weil sie rechtlich Teil des Schulgeländes ist, die Schule das aber nicht weiß. Na sowas!
Der größte Teil des Parks auf dem Turnhallendach mit Hundegarten, Palmeninsel, „Fliegendem Teppich“, Holzdeck um den türkischen Hasel, Schach-, Mühle- und Tartanfeld ist der öffentlichste, atemberaubendste, bekannteste und meistbesuchte Teil des Parks. Nur um diesen Abschnitt geht es dem Altonaer Beschluss.
Aber: Wer ist da eigentlich? Und wann?
Herbst und Winter
Der Park im Winter ist leer, gehört Nachbar*innen mit Hunden. Die angeführte Beschallung 24/7 (Vierundzwanzig Stunden am Tag an Sieben Tage der Woche), wie im Beschluss behauptet, gibt es von November bis April nicht. Kommt die Sonne raus, füllt sich der Park sofort mit Nachbar*innen aller Hautfarben und Menschen mit Kindern. Spür die Sonne auf deiner Haut!
Frühling
Setzt der Frühling früh ein, ist der Park im Handumdrehen voll. Die Atmosphäre ist magisch, man kann die Freiheit förmlich mit Fingern spüren.
Hält die Sonnenphase länger an, erstickt der Park in dieser Phase regelmässig in Müll – denn: Die Müllabfuhr beginnt erst Ende Mai täglich im Park sauber zu machen. Das sollte geändert und an den wahren Bedarf angepasst werden.
Und: Anfang Mai ist immer Hafengeburtstag, drei Tage Sound-Terror und günstige Ausschweifung. Leider wird jedes Pflänzlein im Park dann niedergetrampelt. Das ist aber in der ganzen Gegend so.
Sommer
Wenn die Sonne richtig brennt, füllt sich der Park erst gegen Abend, dann aber umso heftiger. Unter dem Einfluss des Klimawandels gibt es viel mehr wärmere Nächte als in den Neunzigern. Und die Menschen verbringen mehr Zeit draussen.
Dieses Phänomen der Mediterranisierung betrifft nicht nur den Park, sondern alle Hamburger (oder Berliner oder Stuttgarter) Parks und Plätze, vorm Knust, die Corner-Ecken am Neuen Pferdemarkt und der Paul-Roosen-Strasse. Eigentlich ist das Verhalten, nach draussen zu gehen, doch gut. Wie auch immer: Das wird weiter gehen und mehr werden.
Diesen Sommer gab es jedoch eine drastische Alkoholverbotszone und eine extrem hohe Polizeistreifendichte. Offenbar ohne jeden Erfolg. Obwohl: Manche trinken jetzt ausserhalb des Parks, vor den Verbotsschildern, direkt vor dem Wohnprojekt Parkhaus. Cheers!
Meist hat sich im Sommer eine „Crazy Person of the Year“ herausgestellt. Wenn im Oberstudienratston der Lärm-Ini von „Mannbarkeitsritualen“ die Rede ist, fällt uns „Freddy Glitter Glitter“ (Spitzname geändert) ein, der zwei Sommer als Entertainer in Leopardenschwimmhose im Park verbracht hat. Irgendwann bestellte er 40 Bauzäune, wollte damit den Park einhegen und Eintritt verlangen. Irgendwann wurde er wieder eingewiesen. Klar kann so jemand nerven. Aber ist es nur negativ, wenn jemand sich von der Atmosphäre des Parks so getragen und sicher fühlt, dass er über mehrere Monate eine andere Rolle spielen kann?
Basketball
Das Tartanfeld hat sich in den letzten 7 Jahren zum beliebtesten Basketballfeld Hamburgs entwickelt. Den ersten Korb stellte ein Schwarzer Kellner aus der Nachbarschaft auf. Viele informelle Gruppen trainieren und spielen hier. Die St. Pauli Bats haben sich hier gegründet. Gründer Samer Ismaelat spielte früher in der Nationalmannschaft des Libanon, trainiert heute die Kids in St. Pauli und unterrichtet inzwischen Basketball an der Ganztagsschule.
Bluetoothboxen
…sind billig geworden, lauter, und die Akkus halten stundenlang. Dadurch kann Musik überall in der Stadt gespielt werden und auftauchen. Und das passiert auch, überall und zu allen Tageszeiten und auf dem Kiez in jeder Strasse.
In Verbindung mit Smartphones steht an jedem Ort der gesamte Musikkatalog der Welt zur Verfügung. Nicht nur im Park, überall.
Die Nacht
Zum Sonnenuntergang ist der Park am vollsten, am tollsten und am gemischtesten. Danach ändert sich das Bild und neuerdings füllt sich der Park wieder mit anderen Leuten ab 23 Uhr: Die Nutzung öffentlicher Räume nimmt zu. Dies betrifft die ganze Gesellschaft, nicht nur den Park Fiction.
Schwarmverhalten
Die Verbreitung von Smartphones und Messengerdiensten hat das Ausgehverhalten kollossal verändert, unberechenbarer gemacht, verstärkt, deterritorialisiert, auf eine Art, die bisher kaum erforscht ist. Geheime Orte können über Nacht zu Treffpunkten werden, von immer neuen Gruppierungen. Das betrifft auch den Park, ist aber grundsätzlich.
Kioskisierung
Anfang der 2000er wurde es leichter, Kioske zu eröffnen. Kioske schaffen, anders als Bars, meist keine eigene Kultur. Um die Reeperbahn sind Kioske oft reine Alkoholverkaufsstellen. Wenn die 3000 Aussensitzplätze an der Reeperbahn alle besetzt sind, schlendern Freundesgruppen durch die Strassen. Auch in den Park. Diese Kultur ist eine internationale Erscheinung.
Lockdown
Der Beschluss verliert kein Wort über die Ausnahmesituation der letzten zwei Jahre – und die Bedeutungszunahme öffentlicher Räume als Ort pandemie-sicheren Zusammentreffens. Die Situation explodierte 2021, als das von der Bevölkerung angeeignete Heiligengeistfeld vom DOM in Beschlag genommen wurde: Die Jugendlichen drängten ins Karoviertel, ins Schlachthofgelände, und bis zu 500 Jugendliche trafen sich Nachts im Park. Und freuten sich an der Begegnung und der Wirkung ihrer Hormone. Richtig so!
Ein subkulturell aufgeladener Ort
Die erfolgreichsten HipHop-Musiker drehten Videos hier. Die Beginner 2003 („Gustav Gans“), Bonez MC und RAF Camorra 2016 ihr meistgesehenes Video „Unter Palmen aus Plastik“. Ergebnis: 14jährige auf Klassenfahrt aus Schopfheim oder Schalke fotografieren sich mit den Palmen. Na und?
Hamburg erleben
HipHop hat für viele Jugendliche eine große Bedeutung, Wohnungen mit Elbblick sind ein teures Privileg, der Stadtteil derart gentrifiziert, dass junge Leute hier kaum noch herziehen können. Wer will Jugendlichen aus Billstedt oder Lurup verwehren, auch ein Stück der St. Pauli Atmosphäre zu erleben?
Kommen wir zum zentralen Punkt:
Verdrängung von der Hafentreppe
Gehandelt wird an der Hafentreppe seit den frühen 80erjahren vor allem Marijuana, ein Rauschmittel, das kurz vor der Legalisierung steht. Mit der Einführung der Task Force der Polizei zur Verdrängung des sichtbaren Strassendeals begann ab 2016 eine Vertreibung der traditionellen Kleindealerei von der Hafentreppe in die gesamte Umgebung.
Staatliche Intervention schwächt selbstorganisierte Problembewältigung
Konnten in der Nachbarschaft früher umfassende Beschränkungen der Zeiten und Orte des Handels abgesprochen werden, ist dies mit der steigenden Polizeipräsenz schwieriger geworden. Seit dem Einsatz der Task Force ist es unmöglich.
Von „Drogenabhängigen“ im Park kann jedoch gar keine Rede sein. Deshalb ist auch die Forderung nach „Sozialarbeit“ für die „Drogenabhängigen im Park“ unnötig.
Die Bestreifung durch die Polizei hat seit 2016 ein erschreckendes Niveau erreicht: Ab mittags steuern die Polizeiteams im 10-Minuten-Rhytmus die Hafentreppe an. Die absurde Einsatzdichte hat die Lebensqualität für Schwarze Menschen in St. Pauli extrem verschlechtert, die sich nur noch schwer ohne polizeiliche Behelligung durch den einst für seine Toleranz bekannten Stadtteil bewegen können.
Task Force auf der Suche nach Beschäftigung
Die polizeiliche Dauerpräsenz trifft die ohnehin Prekarisierten besonders, vergiftet die Atmosphäre aber weit darüber hinaus. Eine Denunziant*innenmentalität wird gefördert, Probleme werden immer weniger selbst im Gespräch oder Streit gelöst, bei jeder Gelegenheit wird die Polizei geholt. Immer öfter mischen sich die letztlich sinnlos umherlaufenden Beamt*innen einfach ungefragt ein.
Zwischenfazit
Strassensozialarbeit? St. Pauli ist ein Toleranzgebiet für viele, auch Obdachlose. Was gebraucht wird, und wofür neben Park Fiction auch die AG Drogen eintritt, ist: Strassensozialarbeit für den Hafenrand. Für den gesamten Bereich südlich der Reeperbahn. Denn Obdachlose, Flaschensammler*innen, Menschen mit psychologischen Problemen, Kleindealer und die jungen Menschen mit prekärem Aufenthaltsstatus brauchen dringend Unterstützung. Das ehrenamtliche Engagement der Nachbar*innenschaft ist damit überfordert. Der Park ist nur ein Punkt im Gesamtszenario.
Nächtliche Ruhestörung? Ist sowieso verboten und die gibt es überall in St. Pauli. Während tags und abends viel zu viel Polizei im Park ist, kommt sie aber anscheinend im akuten Bedarfsfall nicht.
Weder das pauschale Alkoholverbot noch die erheblich gestiegene Polizeidichte haben in den letzten 2 Jahren die Situation verbessert – im Gegenteil. Noch mehr von der selben Medizin? Nach unserer Einschätzung laufen ordnungspolitische Maßnahmen ins Leere, weil sie die selbstregulativen Kräfte schwächen: Wenn die Polizei eingriffen hat, ist es für zivilgesellschaftliche Problemlösungen zu spät.
Die Rückgewinnung der Nacht?
Wir brauchen eine Kulturänderung: Für erfolgversprechender halten wir es, an der Kultur, an den Beziehungsweisen im Park zu arbeiten. Die angrenzenden Erdgeschosse haben alle keine öffentliche Funktion und wirken dementsprechend nicht zivilisierend in den Park hinein. Einen solchen Impuls bräuchte der Park, und ein solcher Ort, eine solche Änderung der Kultur kann jedoch nur von innen erarbeitet werden und sollte Personen aus den als „Problemgruppen“ beschriebenen Kreisen in die Entwicklung und Umsetzung einbeziehen. Auch das ist mit Ehrenamt nicht mehr zu erledigen, und auch nicht mit Sozialarbeit. Wir denken, man muss hier ein neues Modell entwickeln, das Erkenntnisse aus anderen Nachtorten in den Aussenraum übersetzt. Erkenntnisse, wie etwa Cafés Gastlichkeit organisieren, und wie Clubs wie das Molotow oder der FC St. Pauli auf kollegiale Art mit Gemengelagen klar kommen. Wesentlich ist jedoch: Eine Lösung kann nur durch und mit den Betroffenen und Nutzer*innen entwickelt werden.
Entzerren? Die lauten Nächte finden im Park genau aus den Gründen statt, die den Park auch ansonsten attraktiv machen: Die Aufenthaltsqualität, der auch bei Nacht spektakuläre Blick, es ist robust aber komfortabel.
Nun sind die Palmeninsel, die Tribüne im Hundegarten, die Treppe zum Kirchgarten sehr nah am betroffenen Pastorat und offenbar auch relativ nah an den fünf Wohnungen im Parkhaus, bei denen der Leidensdruck besonders hoch ist.
Diese Situation zu entzerren, Alternativen weit weg von der Wohnbebauung zu bieten, in Kombination mit der Etablierung einer nächtlichen Kultur des Kümmerns, könnte die Situation entspannen, und neue bessere Orte für Hamburgs Jugend schaffen, statt diese nach altbekanntem Gentrifizierungsmuster zu verdrängen.
Genau aus diesem Grund arbeiten wir seit zwei Jahren unter den Titeln „Die Füße in die Elbe strecken“ und „Die Rückgewinnung des Öffentlichen“ an der auch von den Grünen im Wahlkampf propagierten Idee des „Sprungs an die Elbe“, wo ein breiter Betonstreifen direkt am Ufer zwischen Landungsbücken und Fischmarkt derzeit gesellschaftlich brach liegt.
Mit freundlichen Grüßen
das Park Fiction Komitee