Dies ist die offizielle Seite von Park Fiction. Hier eine kurze Einführung:
Park Fiction hat seit 1994 einen „Parallelen Planungsprozess“ in St. Pauli organisiert, und zwar für einen Park anstelle der dort vorgesehenen Bebauung des Elbhangs. Eingebettet in ein Nachbarschaftsnetzwerk (Hafenstrasse, St. Pauli Schule, Golden Pudel Klub, GWA St. Pauli), starteten die Interventionistischen Anrainer*innen eine „Kollektive Wunschproduktion“.
Statt nur zu protestieren, machten sie Aktionen die den gewünschten Park vorwegnehmen: Grill Battles zwischen geparkten Autos, Raves auf der Strasse, Salatbars die wie Parklandschaften angerichtet waren.
Planungsprozess als Spiel: Die Künstler entwickelten zugängliche Planungstools. Neben Karten und Fragebögen waren in einem Planungscontainer vor Ort das Knetbüro, die Gartenbibliothek, eine Telefonhotline für Menschen die erst spät Nachts inspiriert sind und das Wunscharchiv untergebracht. Mit einemAction Kit genannten, tragbaren Planungsstudio mit ausklappbarem Hafenpanorama und Maßstabsfiguren, besuchten die Park Fiction Aktivist*innen Wohnungen und Gruppen in der Nachbarschaft. Vorträge zu „Parks und ihren politischen Hintergründen“ oder zu „Türkischen Teegärten am Bosporus“ machten den Prozess des Protests und der Planung zu einer Plattform des Austauschs.
1997 setzte die Gruppe den Park sowie und den sselbst konzipierten Planungsprozess durch. Auch der Golden Pudel Klub wurde durch die gemeinsame Aktion gerettet.
Der 2005 eröffnete Park ist geprägt durch unterschiedliche Inseln („Palmeninsel“, „Fliegender Teppich“, „Open-Air-Solarium“, „Hundegarten“, „Mieter*innenbeete“) gehört heute zu den beliebtesten Orten der Stadt, wird weiter für informelle Interventionen und als politische Plattform genutzt. Einige Hundert Nachbar*innen haben den Park am 16. Juni 2013 umbenannt: Um #occupygezi in Istanbul zu unterstützen, heisst der Park seitdem „Gezi Park Fiction St. Pauli“. Genaueres dazu steht hier, hier auf Türkisch, und hier auf Englisch.
Bild oben: Megafonchor, „Kollektive Anrufung“, Frühjahr 2013, eine performance zum support der Esso-Häuser, die aus Sylvi Kretzschmars Nachdenken über Public Address Systems entstanden ist.
Der Gezi Park Fiction (alias: Park Fiction, alias Antonipark, aka: „Hartz-4-Mallorca“) ist einer der schönsten Orte Hamburgs, an St. Pauli’s Elbufer. Seht selbst:Tested by locals: Hundegarten, 2003
Dieser Park ist auf ungewöhnliche Weise entstanden: Mitte der Neunzigerjahre entschieden sich einige AnwohnerInnen und KünstlerInnen aus St. Pauli dazu, einen öffentlichen Park zu entwerfen – nicht an irgendeinem brachliegenden Ort, sondern an einem sehr speziellen. Für den hatte die Stadt gerade einen neuen Bebauungsplan beschlossen: am Elbufer, gegenüber von Dock 10.
Ist-Zustand – und das was droht: Agitprop-Darstellung des Bebauungsplans, Park Fiction Broschüre 1996, (Slogan von PF, Design Katrin Bredemeier)
Niemand, der sich auskannte, hätte zu diesem Zeitpunkt geglaubt, dass es möglich sein könnte, den Verkauf des Geländes und den Bau des millionenschweren Betonriegels zu verhindern.
Provisorische Nutzung des Hangs mit aus Paletten improvisierten Plattformen, (c) Marily Stroux, 1996
Ein Salatbuffet als Park – Park Fiction 4, 1996
,Doch ein cleveres Netzwerk aus interventionistischen AnrainerInnen, sozialen Einrichtungen, Golden Pudel Club, KünstlerInnen und Hafenstrasse, begann mit einer kollektiven Wunschproduktion für einen Park…
Wunschproduktion startet: Anrainer und Parkwunsch am Hang zum Pudel. Park Fiction 3, Foto: (c) Sven Barske, 1995
Dieser Prozess machte das Projekt und den Park noch vor seiner Verwirklichung bekannt und führte zu Ausstellungen, in Italien, Spanien, USA und auf der Documenta11 in Kassel.
Park Fiction Installation in Michelangelo Pistoletto’s Cittadellarte, Biella, italien, 2001
Park Fiction Team und Installation auf der documenta11
Park Fiction Instiute of Independent Urbanism Travel Kit, Installation in der Miller Gallery, Carnegie Mellon University, Pittsburgh, USA
Park Fiction ist trotz seines konzeptuellen Hintergrundes aus dem Alltag und der Imagination der AnwohnerInnen entstanden. Denn die zentrale Idee von Park Fiction ist die Aneignung der Stadt durch ihre BewohnerInnen.
Ein junger Ripper mit dem Entwurf einer Skateboardbahn, Park Fiction 3, 1995
Statt nur gegen die Senatspläne zu protestieren, startete Park Fiction einen als Spiel organisierten parallelen Planungsprozess und Plattformen des Austauschs für Leute mit unterschiedlichsten kulturellen Hintergründen.
Park Fiction Spielplan, der die Zugangsmöglichkeiten zum Planungsprozess zeigt
Zugangsmöglichkeiten (tools), wie: ein silberner Planungscontainer, das Wunscharchiv, das Knetbüro, Fragebögen und eine Hotline für „Menschen, die spätnachts inspiriert sind“ forschten selbstironisch nach Orten des Glücks, privaten Wünschen und Urlaubsarchitekturen. Mit dem „Action Kit“, einem tragbaren Planungsstudio samt Diktaphon, Polaroidkamera, Knete und ausklappbarem Hafenpanorama, wurde die Nachbarschaft besucht.
Bernhard erklärt das Parkmodell der Kinder vom Kinderhaus am Pinnasberg, 1996
Aktivitäten, die den gewünschten Park vorwegnahmen, wurden begleitet von einer Serie aus Vorträgen, Diskussionen, workshops, Ausstellungen und Filmvorführungen (Infotainment).
Aktionen die den gewünschten Park vorwegnehmen – Open Air Kino mit b-movie, 1996
Park Fiction 4, Künstler stellen Kunst im öffentlichen Raum dar, hier: Marion von Osten als ein Daniel Buren und Judith Hopf als ein Richard Serra, das Stück schrieb Günther Reski, 1996
Spass im temporären Park, 1997
Nun ist der Park fast fertig gebaut. Aus den zahlreichen Ideen wurde ein Park mit vielen Inseln auf knappem Raum entwickelt. Zwei davon, der „Fliegende Teppich“ und die „Palmeninsel“, sind bereits seit 2003 die wahrscheinlich meistgenutzten Rasenstücke der Hansestadt.
Mitten im Park liegt der Golden Pudel Klub (dahinter das „Amphitheater“) und die St. Pauli Kirche, umgeben von den „Nachbarschaftsgärten“ und der Boulefläche „Frühstück im Freien“. 2005 kamen drei „Open Air Solarien“ hinzu, das „Tulpengemusterte Tartanfeld“, der „Hundegarten“ mit Pudeltoren und einer in Pudelform geschnittenen Buxbaumhecke, das Stegesystem Schauermanns Park, zwei Kräutergärten vor dem Pastorat, sowie der „Bambusgarten des bescheidenen Politikers“.
Von Politikern anderer Art, nämlich denen im Bauausschuss Hamburg Mitte, wurde der Bau des „Park Fiction Archiv für unabhängigen Urbanismus“, bereits 2003 durch die Kunstkommission des Senats zur Realisierung empfohlen, verhindert. das konnte inzwischen in den Pudelsalon einziehen.
Park Fiction Container mit Wunscharchiv, Rave, 1997
Park Fiction Archiv nach Wolkenbügel
Protest gegen die Verhinderung des Park Fiction Archivs durch den Bauausschuss des Bezirks Hamburg Mitte
Park Fiction Archiv im Pudelsalon (Ausschnitt), circa 2009
Pudelsalon mit angeflantschtem Amphitheater (entworfen von einem Musker und Gärtner aus dem Pudelumfeld)
Der Seeräuberinnenbrunnen auf dem zentralen Platz des Parks, ist noch nicht finanziert. Hier haben NachbarInnen inzwischen Staudengärten angelegt und eine in der Hafenstrasse aufgewachsene Weide gepflanzt.
Auch das erdbeerförmige Baumhaus wartet auf seine Realisierung.
Erdbeerbaumhaus, Entwurf Sabrina, 1996, Montage, Park Fiction, 1998
Heute ist der Park viel stärker genutzt, als wir alle uns das 1994 vorstellen konnten. Trotzdem ist die Stimmung meist gut, und wenn ihr nach einem Ort sucht, wo ihr etwas ungeplantes erleben möchtet oder tun wollt, dann seid ihr hier ganz richtig. Der Park hat sich längst auch zu einer politischen Plattform und als Ort für ungewöhnliche Protestaktionen entwickelt. Emanzipatorische Bewegungen sind willkommen – aber bitte kontaktiert uns, wenn ihr etwas vorhabt: Der Park ist aus einem Bündnis zwischen Anrainer*innen, Künstler*innen, Autonomen, Pastoren, Lehrer*innen usw entstanden – also respektiert das und sprecht euch ab, wenn es zum Beispiel laut oder raumgreifend wird. Bands oder DJ_Systeme die Politik als Vorwand verwenden, um ihr Zeug im Park zur Aufführung zu bringen, finden wir ganz schlimm. Offizielle Partei-Auftritte sehen wir nicht gern im Park. Kommerzielle Events sind unerwünscht – kein Verkauf von nichts im Park, bitte! Rassismus und alles aus dem rechten Spektrum werden wir mit Hilfe der sehr gut organisierten Nachbarschaft bekämpfen.
Rund tausend ZuschauerInnen sehen „Empire St. Pauli“ beim screening im Park Fiction am 14. Juli 2009. Im Anschluß zog eine spontane Demonstration durchs Viertel. (c) Empire St. Pauli
Seit dem 16. Juni 2013, 18 Uhr, heisst der Park „Gezi Park Fiction“. Das aus diesem Anlass geschossene Solidaritätsfoto mit occupygezi, mit 250 Nachbar*innen wurde von Margit Czenki gemacht und auf facebook allein über 66.000 mal gesehen.